Maman Colonelle wird die 44-jährige Honorine Munyole genannt. Als Kommandantin leitet sie die Polizeieinheit zum Schutz von Frauen und Kindern und zum Kampf gegen sexuelle Gewalt. Vom Osten des Kongo wird sie nach Kisangani im Norden versetzt. Dort erwarten sie ungeahnte Probleme, die unter anderem aus einer nicht verarbeiteten Vergangenheit resultieren.

Auf Märkten wendet sich „Maman Colonelle“ an die Frauen der Region und fordert sie auf, Gewalt gegen sie nicht zu dulden, sondern bei ihr zu melden. Schon bald taucht eine Gruppe von Frauen in ihrem Büro auf. Sie schildern, was ihnen in der Zeit des Sechs-Tage-Krieges widerfahren ist. Im Juni 2000 wurde der Norden von Rebellen der ugandischen Armee kontrolliert, der Osten von Rebellen der ruandischen Armee. Sie trafen in Kisangani aufeinander und lieferten sich verbitterte Kämpfe, unter denen vor allem die Bevölkerung litt.
Die Frauen berichten von Vergewaltigungen vor den Augen ihrer Männer. Daran anschließend mussten sie mitansehen, wie ihre Männer und Söhne umgebracht und ihre Töchter verschleppt wurden. Sie verloren alles, was sie hatten, und blieben seither auf sich selbst gestellt. Noch heute sind sie hoch traumatisiert. Als Polizistin nimmt „Maman Colonelle“ ihre Fälle nicht nur zum ersten Mal auf, sondern versucht nachzuvollziehen, warum sie nie als Opfer anerkannt wurden. Weit über ihren beruflichen Rahmen hinaus bietet sie als Einzige praktische Hilfe, sucht nach einer Unterkunft und bringt die Frauen dazu, sich auszutauschen, um gemeinsam über die Erlebnisse hinwegzukommen.
Auch Fällen von Kindesmisshandlung geht sie nach. Die Kamera ist dabei, wenn die Wohnung einer Geisteraustreiberin durchsucht wird. Vor allem Kinder werden häufig der Hexerei beschuldigt und dafür verantwortlich gemacht, wenn es ihren Familien schlecht geht.

Honorine Munyole, die Protagonistin der Dokumentation, lässt sich nicht von den Ereignissen überwältigen, sondern geht die Probleme engagiert an und sucht nach Auswegen. „Maman Colonelle“, die selbst sieben Kinder hat, drei davon adoptiert, kämpft tatkräftig für Gerechtigkeit und findet unkonventionelle Lösungen, die für alle eine neue Chance bieten.

Der Regisseur Dieudo Hamadi hat den Sechs-Tage-Krieg in Kisangani selbst erlebt. Die Erinnerungen daran haben ihn nie losgelassen: Auch er beklagt, dass es nie zu Verurteilungen kam, obwohl die Vereinten Nationen das Massaker in Kisangani als Kriegsverbrechen verurteilt und der Internationale Gerichtshof Uganda schuldig gesprochen hat. Honorine Munyole kannte er bereits von früheren Dreharbeiten zu seinem Kurzfilm „Zero Tolerance“, wie er im Gespräch mit der kulturTÜR erzählt. „Maman Colonelle“ hat er sehr direkt gedreht und vollständig chronologisch aufgebaut. Seine Stärke liegt darin, die Protagonistin für sich selbst sprechen zu lassen. Sie zeigt eindrücklich, wie viel ein einzelner Mensch bewegen und bewirken kann. Trotz der oft erstickend erscheinenden Gewalt ist „Maman Colonelle“ ein Film, der Hoffnung gibt!
Übersetzung ins Französische von Laura Cencetti-Kaschubat
Maman Colonelle
Produktion Christian Lelong, Kiripi Katembo Siku.
Produktionsfirmen Cinédoc Films (Annecy, France), Mutotu Productions (Kinshasa, Congo).
Buch und Regie Dieudo Hamadi. Kamera Dieudo Hamadi.
Schnitt Anne Renardet.
Sound François Tariq Sardi, Dieudo Hamadi. Colour. 72 min. Lingala, Swahili, French.
Premiere 13. Februar 2017, Berlinale Forum Weltvertrieb Andana Films
Dieudo Hamadi
Filme
2009: Zero Tolerance (16 min.) Ladies in Waiting (24 min., Episode in Congo in Four Acts, Berlinale Forum 2010)
2013: Atalaku (62 min.)
2014: National Diploma (90 min.)
2017: Maman Colonelle (72 min.)
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