Unterricht mit „Mama Eva“

Mama Evas Deutschunterricht für Eritreer
Zweimal in der Woche gibt Evelyn Sokoloff Deutschunterricht im Gemeindehaus der Paulusgemeinde - mit viel Engagement und Herzblut. Viele ihrer eritreischen Schüler kommen regelmäßig, teilweise von weit her. Foto: Juliane Metz
Ein Beitrag von Kesanet Abraham und Juliane Metz

Seit Oktober 2015 gibt Evelyn Sokoloff regelmäßig mittwochs und freitags von 10 bis 11.30 Uhr Deutschunterricht im Gemeindehaus der Paulusgemeinde – ausschließlich für eritreische Geflüchtete, die regelmäßig aus vielen Bezirken Berlins kommen, um mit ihr Deutsch zu üben. Kesanet Abraham und Juliane Metz von der kulturTÜR-Redaktion besuchten eine Unterrichtsstunde und sprachen mit ihr und ihren Schülern über ihre gegenseitige besondere Verbundenheit.

Zweimal wöchentlich geben Sie aktuell Deutschunterricht im Gemeindehaus der Paulus-Kirchengemeinde in Zehlendorf – ausschließlich für Eritreer. Wie hat alles angefangen?

Das war vor fast zwei Jahren, im April 2015. Damals meldete ich mich als ehrenamtliche Helferin in der Gemeinschaftsunterkunft in der Goerzallee, um gezielt die eritreischen Bewohner und Bewohnerinnen zu unterstützen. Deutsch habe ich damals noch nicht unterrichtet. Gemeinsam mit zwei anderen sehr engagierten ehrenamtlichen Kolleginnen half ich dabei, Ordnung in Amtsunterlagen zu bringen, unterstützte sie bei ihren Hausaufgaben und versorgte sie mit Dingen des täglichen Gebrauchs, die ihnen fehlten, z.B. Essgeschirr und Besteck. Gemeinsam essen spielt in ihrer Kultur eine enorm wichtige Rolle, und ich wurde sehr häufig zum Mitessen eingeladen … in dieser Zeit habe ich ganz schön zugenommen! (lacht)

Wann fingen Sie an, Deutschunterricht zu geben?

Im Oktober 2015, als die Pfarrerin, Frau Donata Dörfel, in der Paulusgemeinde die Aktion „Paulus hilft Flüchtlingen“ ins Leben rief und Räume für regelmäßigen Deutschunterricht zur Verfügung stellte, der hier von Montag bis Freitag stattfindet. Neben mir gibt es noch etliche andere Ehren- amtliche, die Deutsch unterrichten. Aber nur ich gebe ausschließlich Unterricht für eritreische Geflüchtete. Meiner Erfahrung nach macht es mehr Sinn, sie getrennt von Geflüchteten anderer Herkunftsländer zu unterrichten. Für Eritreer ist es eine ganz besondere Herausforderung, Deutsch zu lernen. Sie tun sich um einiges schwerer als etwa die Syrer oder Afghanen.

Warum glauben Sie, dass es für eritreische Geflüchtete schwerer als für Menschen aus anderen Herkunftsländern ist, Deutsch zu lernen?

Der Unterricht in der Volkshochschule geht wegen des vorgegebenen Pensums ziemlich schnell voran. Anders als beispielsweise für Arabisch und Persisch gibt es kaum geeignete Wörterbücher Tigrinisch-Deutsch, so ist das Nachbereiten des Unterrichtsstoffes sehr mühsam. Es sind manche dabei, die auch in ihrer Heimat weder Schreiben noch Lesen gelernt haben, die müssen dann gleich Deutsch schreiben lernen. Und in der Gruppe unterstützen sie sich gegenseitig, das macht Mut zum Sprechen und motiviert – da ist es ein großer Vorteil, wenn keine Geflüchteten anderer Herkunft mit am Tisch sitzen.

Bei ihren eritreischen Schülern sind Sie offenbar sehr beliebt. Sie kommen nicht nur aus Zehlendorf, sondern nehmen teilweise einen weiten Anfahrtsweg aus anderen Bezirken in Kauf. Wenn man Sie hier mit Ihren Schülern arbeiten sieht, spürt man die ganz besondere Beziehung, die Sie mit ihnen haben. Warum sind Ihnen die Eritreer so besonders ans Herz gewachsen?

Mein Mann war Äthiopier, wir haben zwei Söhne. Die äthiopische Kultur ist mir daher sehr vertraut. Die eritreische ist ähnlich. Alle Eritreer, die ich kenne, sind nett und freundlich. Viele nennen mich „Mama Eva“! (lacht) Die meisten sind für mich wie meine Kinder.

MEBRHIT, 28: „Ich bin schon seit ungefähr einem Jahr regelmäßig zweimal in der Woche hier zum Kurs. Mama Eva engagiert sich wirklich sehr und möchte unbedingt, dass wir sie verstehen. Sie kennt sogar viele Wörter auf Tigrynia.“

TESFAY, 23: „Ich bin erst seit drei Monaten dabei. Mama Eva hilft uns sehr. Wir Schüler sind ihr von Herzen dankbar. Sie hat ein großes Talent zum Unterrichten und macht auch sonst viel für uns.“

NEGASSI, 26: „Ich kann nicht so oft zum Unterricht kommen, zum einen habe ich auch noch meinen richtigen Deutschkurs, und manchmal habe ich auch Termine. Aber wenn ich hier bin, lerne ich immer sehr viel. Mama Eva ist einfach ein toller Mensch.“

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