Adnan Al Halbouni studierte in Damaskus Tiermedizin. Als er ein Stipendium für Japan erhielt, bekam seine Frau gleichzeitig eines für Berlin. Die Entscheidung fiel für Deutschland. Am 28. November 2005 landete er mit Frau und Sohn, aber ohne deutsche Sprachkenntnisse in Berlin.
Mit sechs Monaten Deutschkurs an der Volkshochschule, dem Schauen deutscher Filme, Fernsehen und Gesprächen mit vielen Menschen holte er dies nach, denn sein eigentliches Ziel war es, Beziehungen zu knüpfen: zu Deutschen und zu Syrern. Das war für ihn die Zeit der „Tandems“: Er lernte von seinen Partnern Deutsch und brachte ihnen im Austausch Arabisch bei, zum Beispiel einer Frau, die für ihren Bauchtanzkurs Arabisch können wollte. Eine andere war Lehrerin, die besser mit ihren arabischen Schülern und deren Eltern kommunizieren wollte. Durch diese Leute hat er viel über die deutsche Kultur erfahren, weitere Kontakte geknüpft und auch gemeinsame Freunde gefunden.
Als der Krieg in Syrien begann, engagierte er sich im Verein „Lien e. V.“ („Barmherzigkeit“), der Nahrungsmittel, warme Kleidung, Decken und Dinge für das tägliche Überleben nach Syrien schickte. Später folgten Medikamente und sogar Krankenwagen, finanziert aus Spendengeldern.
Als dann immer mehr Syrer nach Berlin kamen, dolmetschte Adnan Al Halbouni bei Ausländerbehörden, im Jobcenter oder beim Sozialamt. Um mehr Neuankömmlingen eine Orientierung bieten zu können, hielt er einen Vortrag zum Thema „Leben in Berlin“. Es kamen etwa 130 Gäste. Er erklärte ihnen, wie der Alltag in Berlin funktioniert, und beantwortete Fragen zur Geschichte, Politik und Geografie Deutschlands.
Dann gründete er das „Syrische Haus in Berlin“, in dem etwa 7 000 Arabisch sprechende Geflüchtete involviert sind. Dort gibt er Tipps zur Wohnungssuche, zu Sprachschulen, guten Einkaufsmöglichkeiten und vielem mehr. Dabei vergisst er auch nicht zu erklären, in welchen Lebensmitteln Alkohol versteckt ist.
Neben seinem sozialen und ehrenamtlichen Engagement verlor er seine beruflichen Ziele nicht aus den Augen. Er suchte sich einen Doktorvater und promovierte 2016 als Veterinärmediziner. Dr. Adnan Al Halbouni hat ein Jahr als Praktikant in der Tierklinik Düppel gearbeitet. Ab April sammelt er in einer Tierarztpraxis weitere Erfahrungen, mit dem Plan, später seine eigene Tierarztpraxis aufmachen zu können.
Sein neuestes Projekt ist ein „Familientreffpunkt“. Was er damit meint, macht er am Beispiel seiner eigenen Familie deutlich: Zwei seiner drei Kinder sind in Berlin geboren und sind seiner Meinung nach mehr Deutsche als Syrer. Von Syrien kennen sie außer Mutter, Vater und den Großeltern nur Bilder. Die Sprache in der Familie ist eine Mischung aus Arabisch und Deutsch, wobei die Kinder lieber Deutsch sprechen. Vielen Familien geht es ähnlich: Die Kinder sind keine Syrer mehr, und die Eltern sind keine Deutschen, sagt er. Deshalb ist es ihm wichtig, nicht nur seinen Landsleuten die deutsche Kultur zu vermitteln, sondern auch die eigenen Kulturwerte an die Kinder weiterzugeben, keine Brücken abzubrechen, sondern neue Brücken zu bauen.
Artikel: Ricky Matejka & Kais Alatrash.
Das Interview wurde auf Deutsch und Arabisch geführt.
Sprachliche Synchronisation: Susan Korakli-Watfe
Das Syrische Haus in Berlin finden Sie auf Facebook: https://www.facebook.com/groups/SyrischeHausBerlin. Ïür diese Gruppe kann sich jeder Arabisch sprechende Flüchtling anmelden.
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