Vor allem Geflüchtete brauchen viel Geduld und eine große Portion Glück
Das eigene Zuhause ist der Ort, der sowohl schöne als auch traurige Erinnerungen birgt, an dem wir unsere Ruhe finden und uns so verhalten, wie wir wirklich sind. Daher ist es auch üblich, dass wir unseren Gast mit einem „Fühl dich wie zu Hause“ empfangen – das gehört zur Gastfreundschaft und soll dazu beitragen, dass der Gast sich bei uns wohlfühlt.
Als ich in Deutschland ankam, war meine Frau gerade im fünften Monat schwanger. Wie wohl jeder werdende Vater wünschte auch ich mir, nach der Geburt zusammen mit Frau und Baby ins eigene Zuhause zurückzukehren, um dort unsere erste Tochter in ihrem eigenen Zimmer, dessen rosafarbene Wände mit Zeichnungen verziert sein würden, willkommen zu heißen. Ich versuchte also alles mir nur Mögliche zu unternehmen, um eine Wohnung für uns zu finden und aus der Gemeinschaftsunterkunft ausziehen zu können. Da ich aber zu jener Zeit noch keinen Aufenthaltstitel hatte und die Stadt aufgrund der enormen Anzahl an Flüchtlingen sehr überlastet war, blieb mein Wunsch unerfüllt. So verließen wir das Krankenhaus mit unserem Baby in Richtung unserer Unterkunft. Noch bevor unsere Tochter neun Monate alt sein würde, so sagte ich mir, würden wir unsere eigene Wohnung haben. In unserem neuen Zuhause würden wir dann ihren ersten Geburtstag, ihre ersten Krabbel- und Gehversuche, also all jene Momente, deren bester Zeuge eben das eigene Heim ist, gemeinsam feiern. Meine Tochter ist bereits ein Jahr alt geworden, ohne dass wir ein Geburtstagsfest veranstaltet haben. Wir verschieben es, bis wir in unserem eigenen Zuhause sind. Die Zeit vergeht und kommt auch nicht wieder, aber wir sind dankbar für das, was wir haben.
Offiziell begann unsere Suche nach einer eigenen Wohnung Anfang 2017, also gleich nachdem wir eine Aufenthaltserlaubnis für dreieinhalb Jahre bekommen hatten. Der erste Schritt auf dem Weg zum Sesshaftwerden bestand darin, alle Papiere fertig zu machen, die nötig sind, um eine Wohnung zu bekommen. Darauf folgte die tägliche Suche im Internet nach einer freien Wohnung. Sobald ich von einem öffentlichen Besichtigungstermin erfuhr, lief ich los. Ich besichtigte Wohnungen überall in Berlin, von Nord bis Süd, von Marzahn bis Spandau, dennoch: ohne Erfolg. Zum einen liegt das an der Vielzahl der Interessenten, zum anderen an der Bevorzugung derjenigen, die keine Zuwendungen vom Jobcenter bekommen. Manchmal lag es aber auch an meinen spärlichen Deutschkenntnissen, umso mehr, da ich erst nach einem Jahr und drei Monaten eine Bewilligung für einen Sprach- und Integrationskurs bekam, obwohl ich mehrmals bei der Ausländerbehörde war und dort um ebendiese Bewilligung gebeten hatte.
Wie dem auch sei – mittlerweile bin ich einen Schritt weitergegangen und habe begonnen, mich bei einigen Wohnungsunternehmen registrieren zu lassen. Dies kommt übrigens einer Vollzeitbeschäftigung gleich: Ich verlasse morgens das Haus und komme erst abends wieder nach Hause zurück, und während dieser Zeit mache ich nichts anderes als von Unternehmen zu Unternehmen zu laufen. Denn leider ist das Angebot an Wohnungen einfach viel kleiner als die Nachfrage.
Sucht man nicht selbst, braucht man einen Immobilienmakler, aber das ist eine ganz andere Geschichte.

Die Suche nach einer Wohnung hat aber auch Vorteile: man lernt neue Leute kennen, praktiziert die deutsche Sprache, lernt, sich in der Stadt zurechtzufinden, sammelt Erfahrung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, und während der langen Fahrten kann man lesen. Auch kann ich noch meinem Lieblingshobby, dem Fotografieren, nachgehen, wodurch mein Know-how der Fotografie wächst und wächst. Alles hat seine positive Seite. Das Glas ist sozusagen halb voll, und ich arbeite daran, es zur Gänze zu füllen, indem ich mein Wissen um die Fotografie erweitere, in der Hoffnung darauf, Vorteile bei der Jobsuche zu haben.
All jenen, die wie ich auf der Suche sind, sei gesagt: Du wirst fündig werden, also verzweifle nicht! Auch dann nicht, wenn dir der Mitarbeiter eines Wohnungsunternehmens verspricht, dass er dir morgen früh den Schlüssel deiner neuen Wohnung überreicht, dir am nächsten Tag aber mitteilt, dass du eine weitere Woche, einen weiteren Monat oder sogar ein weiteres Jahr warten musst. Wundere dich nicht und sei auch nicht deprimiert, auch mir ist dies einige Male passiert. Gib auch dann nicht auf, wenn du zu einem Besichtigungstermin gehst und um dich herum fünfzig Leute stehen, die wie du gekommen sind, um sich die Wohnung anzusehen. Vielleicht ist das Glück gerade heute auf deiner Seite! Und verzweifle selbst dann nicht, wenn du am Donnerstagnachmittag von einem Unternehmen ein Wohnungsangebot erhältst, du aber „erst“ am Freitagmorgen hingehst, weil du vorher noch beim Jobcenter eine Bescheinigung zur Kostenübernahme einholen musst, und dir der Mitarbeiter dann sagt, dass der Vertrag bereits von jemand anderem unterschrieben wurde. Das kommt nicht selten vor. Wirklich wichtig ist nur, dass du niemandem glaubst, bis du den Mietvertrag unterschrieben hast. Denn solange das nicht zutrifft, ist alles bloß eine Fata Morgana!
Liefere dich niemals unseriösen Unterhändlern aus. Jeden Tag hören wir von Dutzenden Betrugsfällen.
Ich würde mir sehr wünschen, dass die Kommunen in dieser Angelegenheit stärker finanziell entlastet werden, denn diese bezahlen für die Unterbringung einer dreiköpfigen Familie in einer Gemeinschaftsunterkunft monatlich rund 2.700 Euro Mietkosten. Für die Unterbringung in einer Wohnung müssten sie nur mit einer Monatsmiete von 600 Euro rechnen, und damit wäre eine vergleichsweise viel bessere Situation geschaffen. Dies erfordert lediglich eine bessere Abstimmung zwischen den Kommunen und den Immobilienunternehmen in Berlin.
Möglicherweise fragen Sie sich jetzt, ob ich denn nach all meinen Bemühungen endlich eine Wohnung gefunden habe – leider nicht.
Stop – Stop – Stop
Anmerkung der Redaktion: Kurz vor Redaktionsschluss kam von Hareth die freudige Nachricht, dass sich sein Bemühen endlich gelohnt hat. Bald wird gefeiert.
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