Die Ablehnung von Asylanträgen ist oft nicht nachvollziehbar
Ein Afghane und ein Pakistani – suchen beide Schutz in Deutschland vor den Taliban. Bei beiden hat das BAMF den Asylantrag abgelehnt: mit der Begründung, sie könnten innerhalb ihres jeweiligen Landes Schutz suchen oder in einem anderen Teil ihres Landes sicher leben. Jetzt droht beiden Geflüchteten die Abschiebung in ihre Heimatländer. kulturTÜR begleitete die beiden befreundeten jungen Männer zum BBZ, dem Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Flüchtlinge und Migrant*innen in Berlin.
Naqibullah aus Afghanistan (23) lebt seit einem Jahr in Berlin, Khan aus Pakistan (34) seit eineinhalb Jahren. Naqibullah war in Afghanistan Soldat bei der afghanischen Armee. Sein Körper ist gezeichnet von zwanzig Einschussnarben, die er sich im Kampf gegen den Terror zugezogen hat. Auf seinem Ablehnungsbescheid steht, dass es in Afghanistan sichere Orte gebe und er im Land an einem anderen als seinem Heimatort leben könne.
Khan lebte in Pakistan in einem von Taliban kontrollierten Ort, wurde bedroht und war schließlich gezwungen, vor den Extremisten zu fliehen und das Land zu verlassen. In der Zwischenzeit hat auch seine Familie aus Angst vor den Taliban Pakistan verlassen und ist nach Dubai geflüchtet. Khans Ablehnungsbescheid hat das BAMF damit begründet, dass ihm die pakistanische Regierung helfen könne, aber das sieht er anders: „Die pakistanische Regierung und die Polizei helfen nur den reichen Leuten. Wer viel Geld hat und viel bezahlen kann, kriegt Unterstützung. Wer nicht, wird alleingelassen.“

Nach der Erfahrung von Walid Chahrur, Sozialarbeiter beim „BBZ Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Flüchtlinge und Migrant*innen“, werden die Hauptgründe der Flucht bei der Anhörung sehr oft entweder ignoriert oder von den Geflüchteten nicht klar genug ausgedrückt, was dann regelmäßig zur Ablehnung der Asylanträge führt. Für das Beratungsgespräch mit den beiden jungen Männern nimmt er sich ausführlich Zeit. Mehr als eine Stunde lang hört er den beiden genau zu und sagt ihnen, was sie versuchen können, um ihre Klagen gegen die Entscheidung des BAMF vor Gericht zu gewinnen.
Das BBZ Berlin (derzeitiger Träger: KommMit e.V.) setzt sich seit seiner Gründung im Jahre 1994 für die Verbesserung der Rechts- und Lebenssituation von jungen Migrant*innen und Geflüchteten ein. Der tägliche Andrang ist derzeit groß: Viele Geflüchtete wenden sich ans BBZ, um mit Hilfe der dort arbeitenden Sozialarbeiter*innen ihre Probleme zu lösen und sich beraten zu lassen. Walid Chahrur ist bereits von Anfang an dabei. Der gebürtige Palästinenser lebt seit 39 Jahren in Deutschland und hat selbst die deutsche Staatsbürgerschaft. Beim BBZ berät er Flüchtlinge in den Bereichen Asylverfahren, Schule, Ausbildung und Studium.
Ausführlich erklärt er den beiden jungen Männern, welche Rechte sie bei der Anhörung haben und welche Fakten bei diesem Termin so klar wie möglich ausgedrückt werden müssen. Daneben ermutigt er beide, die Sprache möglichst schnell so gut wie möglich zu lernen und sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Schließlich vereinbart er einen neuen Termin mit den beiden, um die Beratung fortzuführen. „Ich mache mir von den Protokollen und Ablehnungsbescheiden Kopien, dann kann ich sie noch einmal in Ruhe lesen. Und dann setzen wir uns nochmal zusammen und sprechen“, sagt er beim Abschied.
Nach dem Beratungsgespräch sind Khan und Naqibullah aufgewühlt. Naqibullah versteht nicht, warum sein Asylantrag überhaupt abgelehnt wurde – trotz der schlechten Sicherheitslage in Afghanistan insbesondere in seiner Heimatstadt Kundus, die in den vergangenen eineinhalb Jahren zweimal in der Hand der radikalislamischen Miliz Taliban 20 war, und trotz seiner gefahrvollen Vergangenheit und Vorgeschichte, die er, wie er sagt, bei der Anhörung ganz genau geschildert habe. „Ich mag Deutschland und den Frieden in diesem Land. Ich möchte hier in Sicherheit leben.“ Auch Khan wirkt bedrückt. Nochmals betont er, dass das Leben für ihn und seine Familie aufgrund der Bedrohung der Taliban in Pakistan unmöglich sei. Und hofft weiter auf eine Aufenthaltserlaubnis.
Ein Beitrag von Mortaza Rahimi und Ricky Matejka
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