Erinnern heißt immer, mit dem Herzen verbunden zu sein. Seit drei Jahren bin ich von meiner Familie getrennt und vermisse die warme Atmosphäre. Die Erinnerung bringt mich zurück und tut mir weh. Jetzt erst weiß ich, wie wichtig die Familie im Leben ist. Besonders an diesem Weihnachtsfest.
Bereits ein paar Wochen vor Weihnachten stellen die Geschäftsleute Weihnachtsbäume auf. Die Stadt wird mit Lichterketten geschmückt und wirkt besonders am Abend bezaubernd. Spätestens dann weiß man, dass Weihnachten vor der Tür steht. Familien laufen durch die Stadt und kaufen ein. Die Kinder bekommen zum Fest neue Kleidung, und alle sehen ganz glücklich aus.
Die Leute vom Land kommen in die Stadt. Besonders vor Weihnachten verkaufen die Bauern auf dem Marktplatz Lämmer, Ziegen und Kühe an die Stadtbewohner. In dieser Zeit bereitet meine Mutter Sua zu, einen speziellen Getreidesaft, der in vergorenem Zustand leicht alkoholisch ist. Ganz besonders schmeckt auch der süße Honigwein, der Mes. Bei der Zubereitung war ich gerne dabei. Ich habe diese Zeit der Vorbereitung auf Weihnachten sehr geliebt und genossen. Alle meine Verwandten kamen zu Weihnachten immer zusammen, auch wenn sie sich das ganze Jahr nicht gesehen haben.
In Eritrea wird Weihnachten am 7. Januar gefeiert. Am Tag vor Weihnachten ist schon alles vorbereitet, die Getränke, das Essen, der Weihnachtsbaum. Denn an Weihnachten besucht man bereits zwischen fünf und neun Uhr morgens die Kirche, um sich bei Gott zu bedanken. Alle sind ganz festlich – meistens in Weiß – gekleidet. Auf dem Heimweg grüßen sich die Menschen auf der Straße und wünschen „Frohe Weihnachten“. Am Mittag verspeist die ganze Familie zusammen das Festmahl, das sie sich von einem großen Teller nehmen, der in der Mitte platziert ist.
Auch Freunde, Nachbarn oder Kollegen, egal ob Christen oder Muslime, kommen vorbei und bringen Kuchen, Torten und Plätzchen mit. Das macht große Freude und zeigt, dass die Menschen gut miteinander auskommen.
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