Gut integriert und trotzdem abgelehnt

Seine Ziele schreibt sich Ali auf Zettel und hängt sie an die Wand, damit er sie stets im Blick hat. Foto: Juliane Metz

Von der Kraft der Zuversicht

Wir sind geboren, um zu leben, aber die Wahl unseres Geburtsortes auf dieser Welt liegt nie in unseren Händen. Das Schicksal lässt Menschen manchmal dort zur Welt zu kommen, wo das Leben aus verschiedenen Gründen unmöglich ist. Ich gehöre zu denjenigen, denen es bestimmt war, an einem der gefährlichsten Orte der Welt geboren zu werden.

Ich bin Afghane, und Afghanistan ist einer der unsichersten Orte der Welt, an dem seine Einwohner seit vier Jahrzehnten Krieg erleben müssen. Aber ich habe gelernt, dass es möglich ist, mein Schicksal zu ändern und umzuschreiben. Auch wenn es mich dazu verurteilt hat, in Afghanistan geboren zu werden, kann es mich dennoch nicht dazu bringen, mein Leben in Angst und Schrecken des Krieges zu verbringen. Ich habe einmal gelesen, dass ein deutscher Philosoph gesagt hat: ‚Wenn die Welt in diesem Zustand ist, ist es nicht deine Schuld, aber es ist deine Schuld, wenn es so schlimm bleibt.‘ Also beschloss ich, meine Welt zu verändern.

Gezwungenerweise beschloss ich, auszuwandern, vor Krieg und Unsicherheit zu fliehen, in der Hoffnung, irgendwohin zu gelangen, wo ich überleben könnte. Nach dem Überschreiten vieler Grenzen kam ich nach Europa, jenem grünen Paradies, in dem ein Menschenleben einen Wert und ein Mensch zumindest das Recht hat, am Leben zu bleiben und zu leben.

2016 kam ich nach Deutschland. Ich beantragte Asyl, und vom ersten Tag meiner Ankunft in Deutschland an versuchte ich, in der deutschen Gesellschaft Fuß zu fassen. Ich fing an, Deutsch über das Internet zu lernen. Drei Monate nach meiner Ankunft in Deutschland besuchte ich eine Schule. Es gab sehr nette ehrenamtliche Deutschlehrer in unserer Flüchtlingsunterkunft, die fast jeden Nachmittag kamen, um die Sprache zu unterrichten. Jeden Tag ging ich zu ihnen, um die deutsche Sprache zu lernen und die Kultur zu verstehen. Zur gleichen Zeit fand ich mit Hilfe eines Freundes einen Ausbildungsplatz. Dank meiner wenn auch erst kurzwährenden Bemühungen, die deutsche Sprache zu erlernen, konnte ich meine Ausbildung gut abschließen, ohne Schwierigkeiten mit der Sprache zu haben.

Es dauerte nicht lange, bis das BAMF mich zur Anhörung einlud. Ich erschien zu meinem Anhörungstermin, legte alle Gründe für meine Flucht aus dem unsicheren Afghanistan dar und bat den Anhörer, mich gemäß den geltenden Menschenrechten und der internationalen Flüchtlingskonvention anzuerkennen, so dass ich in Deutschland als Mensch in Ruhe leben kann. Seit diesem Termin sind drei Jahre vergangen. Inzwischen habe ich alles getan, um mich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. In diesen drei Jahren habe ich die 10. Klasse abgeschlossen und meinen Schulabschluss gemacht. Ich lernte Deutsch und absolvierte eine Ausbildung zum Koch.

Aber für uns Afghanen ist es so, als ob weder Menschenrechte noch Asylrecht gelten würde!

Das grundlegendste Recht eines Menschen, nämlich das Recht zu leben, wird uns verweigert. Trotz aller persönlichen Gründe und der dramatisch schlechten Sicherheitslage in Afghanistan hat das BAMF bereits zweimal meinen Asylantrag abgelehnt. Wie es scheint, waren meine Bemühungen, mich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren, nicht sonderlich hilfreich. Denn ich bin Afghane, und damit verurteilt, in Krieg und Unsicherheit zu leben!

Ich verzweifle jedoch nicht. Mein Lebensziel ist mir stets präsent und ich weiß, was ich vom Leben will und wohin ich gehe. Ich habe meine Ziele auf ein Stück Papier geschrieben und dieses an meine Zimmerwand gehängt. Wenn ich es mir ansehe, verstärkt es meine Kräfte, sie zu erreichen. Ich denke, jeder erntet das Ergebnis seiner Handlungen. Die Zukunft hängt von der Qualität und Quantität seines Bemühens ab.

Bereits zum zweiten Mal habe ich eine negative Antwort vom BAMF erhalten. Aber das hat mich in meinen Bemühungen nicht frustriert. Ich habe große Träume, und ich muss hart arbeiten, um sie alle zu erreichen.

Ich sehe meine Zukunft in Deutschland positiv. Trotz allem.

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Geschrieben von
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