Ich bin ein Afghane

Foto: Juliane Metz

Ich bin ein Afghane – ein Mensch der Kriegsgeneration. Geboren zwischen Kugelhagel.

Mein „Gutenachtlied“ als Kind war der Lärm von Explosionen. Das „Gutenmorgenlied“ war der Einschlag von Raketen in der Nachbarschaft. Meine Augen haben sich an die rote Farbe des Blutes gewöhnt. Meine Ohren sind voll vom Weinen heulender Mütter und Väter, die ihre blutenden Kinder im Arm halten. Und vom Schreien der anderen Kinder.

Das Spiel meiner Kindheit war das Zählen von Patronenhülsen, von denen man nicht wusste, welche Brust damit durchbohrt worden war.

Meine Freizeit habe ich im Schutzraum unter unserem Haus verbracht, damit ich vor der Gefahr der ziellosen Raketen in Sicherheit war. Ja, ich bin Afghane. Einer der ausgebrannten Generation im Feuer des Krieges. Ein Mensch, welcher verurteilt wurde, in einem Land mit dem Namen Afghanistan zu leben – einem Land mit einer Geschichte voller Schmerz. Ein Land, das seit Jahren zum Schauplatz unterschiedlicher Konflikte geworden ist.

Vierzig Jahre Töten, vier Jahrzehnte mit schmerzhaften Geschichten.

Für uns Afghanen hat all das nur Rückstand im Zeichen von Kommunismus oder Kapitalismus oder unter dem Siegel der westlichen Demokratie gebracht.

Wir sind die Opfer dieses Schauplatzes. Ich bin ein Afghane, geflüchtet vor dem Krieg. Ich habe die westliche Demokratie um Schutz gebeten. Ich bin auf der Suche nach einem friedlichen Leben in einem Land, welches verspricht, dass die Menschen Rechte haben und wo die Menschenwürde geachtet wird.

Ich habe Schutz gesucht, aber die Antwort war ein gelber Umschlag, in dem geschrieben stand: „Nein“. Vielleicht werde ich morgen mit Handschellen zu einem Flugzeug gebracht, welches mich dahin zurück trägt. wo meine „Gutenachtlieder“ und „Gutenmorgenlieder“ der Einschlag von Raketen in der Nachbarschaft und das Geräusch von Schüssen sein werden.

Mir wurde keine neue Chance geschenkt – meine Menschenwürde wird verletzt.

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