Deutsche und Araber! Wie viel wissen wir eigentlich übereinander? Sie, die Deutschen, essen gut und gern Kartoffeln, und wir, die Araber, sagen ständig „Yalla“ und „Habibi“! Zwar leben wir auf demselben Boden, bewegen uns im selben öffentlichen Raum, besuchen die gleichen Schulen und wohnen im selben Viertel – und dennoch kennen wir einander nicht. Wenn man den einen fragt, was er über den anderen weiß, so geht die Antwort über ein „Kartoffel“ und „Habibi“ meist nicht hinaus. Wie aber kann es überhaupt sein, dass wir derart wenig übereinander wissen, und wann wird diese Unwissenheit endlich ein Ende haben?
Wenn wir pauschal über „die Deutschen“ sprechen, kommen wir natürlich nicht daran vorbei zu erwähnen, dass sie es gerne ruhig mögen.
Auch lesen sie gerne. Ihre Arbeitszeiten sind ihnen heilig, und sie versuchen stets, pünktlich zu sein. Ja, bei ihnen gibt es sogar eine Redewendung dafür: „Fünf Minuten vor der Zeit ist des Kaisers Pünktlichkeit.“ Aber das ist noch nicht alles. Um sie ein wenig besser kennenzulernen, habe ich vor einiger Zeit meine deutsche Freundin gefragt, warum die Deutschen denn so gerne Kartoffeln zu all ihren Gerichten essen. Ihre Antwort fiel folgendermaßen aus: „Die Kartoffel wärmt an kalten Tagen den Körper. Deshalb essen wir sie so gerne. Sie lässt die strenge Kälte in diesem Land einfach ein wenig erträglicher werden.“ Die Liebe der Araber für Reis, der bei kaum einer arabischen Hauptmahlzeit fehlen würde, so erzählte sie weiter, erstaunte sie wiederum wenig. Denn immerhin wäre er eines jener Nahrungsmittel, die den Körper kühlten. Und da wir aus Ländern stammen, in denen es sehr heiß ist, sei es nur normal, dass der Reis dort Teil vieler Gerichte ist.
Die Araber ihrerseits müssen wohl von der Sonne geschöpft haben, weil sie so lebhaft sind. Diese Eigenschaft steht in genauem Gegensatz zur Stille der Deutschen.
Dieser Krawall, der von den dunkeläugigen Leuten ausgeht, wird vor allem gern mit denjenigen in Verbindung gebracht, die als Geflüchtete nach Europa kamen. Um sie kursieren viele positive, aber auch negative Nachrichten. Das eigentliche Dilemma hierbei aber ist, dass in manchen Schlagzeilen von Dingen berichtet wird, für die meist Einzeltäter verantwortlich sind. Das Ziel dieser Unheilstifter – ganz gleich, welche Nationalität sie haben mögen – ist es, einer Gesellschaft zu schaden, bestimmten Menschen und deren Angehörigen Leid zuzufügen. Und doch werden wegen der Taten Einzelner oft alle Flüchtlinge über einen Kamm geschoren und dafür getadelt, selbst wenn sie sich davon distanzieren.
Viele Leute fragen sich nun, auf wen die Probleme zurückzuführen sind. Auf die Araber, Afghanen, Türken oder auf wen? Die Herkunft jedes einzelnen Täters zu kennen löst das eigentliche Problem allerdings nicht – denn jeder Mensch steht für sich selbst, und es gibt keinen, der ohne Fehler wäre. Die Lösung dieses Dilemmas liegt vielmehr darin, mit anderen so umzugehen, wie man es für sich selbst von anderen erwartet. Es gibt Leute, die provozieren, wann immer sich ihnen die Gelegenheit dazu bietet. Doch diese Leute kommen nicht aus irgendeinem bestimmten Land, sie kommen von überall her. Die Stirn bieten können wir ihnen nur, indem wir mehr voneinander erfahren – und zwar im direkten Austausch miteinander und nicht aus dem Fernsehen. Wir müssen persönlich miteinander in Kontakt treten und kommunizieren, sodass wir nicht aufgrund von bloßen Gerüchten Vorurteilen aufsitzen.
Es liegt in der Natur des Menschen, skeptisch demgegenüber zu sein, was er nicht kennt. Doch meistens führt Unwissenheit oder wenig Ahnung zu Vorurteilen, hinter denen sich nur selten die Wahrheit verbirgt. So viele Gemeinsamkeiten, wie es zwischen den Kulturen gibt, so unterschiedlich sind auch die Traditionen. Folgerichtig sollte unser Leitsatz sein: Die Freiheit des einen endet dort, wo das Recht des anderen beginnt.
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