Im Sommer 2015 kamen viele Geflüchtete in Deutschland an. Afghanistan ist nach Syrien das zweitstärkste Herkunftsland. Der große Teil der afghanischen Flüchtlinge hat sich in diesen drei Jahren gut integriert. Trotz aller Hürden haben viele schon die Sprache gelernt und bereits eine Ausbildung angefangen.[1]
Wenn ich von Hürden spreche, meine ich die, von denen insbesondere Afghanen betroffen sind. Sie gehören zur Gruppe von Geflüchteten mit einer Schutzquote von weniger als 50 %, das heißt, nur noch bei weniger als der Hälfte aller Asylentscheidungen werden berechtigte Fluchtgründe anerkannt. Konkret bedeutet dies, dass Afghanen keinen Anspruch auf einen Integrationskurs haben; denn einen Zugang zu diesen Kursen während des laufenden Asylverfahrens erhalten nur Geflüchtete mit einer „guten Bleibeperspektive“. [2] Aber auch ohne den rechtlichen Anspruch bemühen sich viele, die deutsche Sprache zu lernen und sich in ihrem neuen Land zu integrieren.
Die Einordnung in die Kategorie einer sog. „geringen Bleibeperspektive”, die einem je nach Herkunftsland automatisch zugeschrieben wird, erschwert auch die Suche nach einem Ausbildungsplatz. Ich möchte zum Beispiel Hebamme werden. In Berlin gibt es aber mit etwa 60 Plätzen nur sehr wenige Ausbildungsplätze in diesem Bereich. Und da werden bevorzugt Deutsche eingestellt, danach EU-Bürger, dann eventuell auch Geflüchtete mit einer Aufenthaltserlaubnis. Als Geflüchtete ohne Aufenthaltsgenehmigung werde ich dazu kaum eine Chance bekommen. Würde ich aber in einer anderen Stadt einen Ausbildungsplatz finden, dürfte ich als Asylbewerberin wegen der Residenzpflicht gar nicht erst hingehen. Diese Probleme vermindern nicht nur meine Chancen zu einer guten Integration, sondern rauben auch die Motivation. Würde der Staat statt solcher Einschränkungen schon früh bessere Integrationsbedingungen schaffen, könnte das Ergebnis bei der Integration von Geflüchteten viel besser ausfallen, obwohl die Zahlen auch jetzt schon gut aussehen.
Ich habe mittlerweile gut Deutsch gelernt, meinen Hauptschulabschluss gemacht und befinde mich gerade in einer Ausbildung zur Pflegeassistentin, was Voraussetzung für eine Hebammenausbildung ist. Das heißt, ich bin angekommen, nehme teil an der Gesellschaft und versuche mich so gut es geht zu integrieren. Nun wurde mein Asylantrag abgelehnt. Ob ich bleiben kann und wie es für mich weitergeht, ist völlig offen. Das neue Konzept, das mit „Angekommen in Berlin“ überschrieben ist, gilt bisher für mich leider noch nicht, denn ich weiß immer noch nicht, wann ich tatsächlich angekommen sein werde.
[2] Berlin unterstützt dieses Engagement durch das Angebot von kostenlosen Deutschkursen für alle Geflüchteten unabhängig vom Herkunftsland.