Deutschland hat eine vorbildliche Art, seinen Müll zu trennen. Es müssen nur alle mitmachen
Mein erster Monat in Deutschland war der Monat der Instruktionen schlechthin. Tag ein, Tag aus wurde ich von früh bis spät unterwiesen, wie dieses und jenes funktioniert. Einige dieser Unterweisungen waren recht nervig, etwa als man uns erklärte, wie wir eine Zahnbürste verwenden oder die Toilette benutzen sollten. Derlei Instruktionen wollte ich nur ungern einfach so über mich ergehen lassen. Deshalb versuchte ich mehrmals, unsere Unterweisenden darüber aufzuklären, dass diese Dinge auch in unseren Heimatländern existieren und dort Selbstverständlichkeiten sind, dass es auch bei uns Zahnärzte, Autos und Smartphones gäbe. Aufgrund meiner schwachen Deutschkenntnisse kam ich damit aber nicht weit, und so hatte ich keine andere Wahl, als einfach nur zu schweigen.
Eine Sache gab es dann aber doch, für die ich wirklich lange Zeit brauchte, um sie zu verstehen: Mülltrennung. In verschiedene Sprachen übersetzt hing dieser Begriff an den Einund Ausgängen zu unseren Zimmern und auch in den Korridoren. „Trennung des Mülls“ – in meinen Ohren klang das merkwürdig. Was sollte das bedeuten, warum sollte das geschehen und wie?
Das Wort „Mülltrennung“ ist in unserer Sprache und in den Ländern, aus denen wir kommen, nicht sehr geläufig. In Syrien zum Beispiel gibt es eine einzige Mülltonne für sämtliche Abfälle, wenn ich mich richtig erinnere, war ihre Farbe Gelb. Zu Beginn fand ich es ziemlich aufwendig, Glas, Plastik und Papier zu sortieren, zumal ich anschließend ja sowieso alles in ein und dieselbe Tonne werfen würde. Vor der Unterkunft, in der ich wohnte, standen nämlich nur sechs gleiche schwarze Tonnen. Ich fragte mich also, worin der Sinn dieser Prozedur und des damit verbundenen doppelten Aufwands lag, wenn ich am Ende doch wieder alles in denselben Behälter schmeißen würde. Eine Antwort auf meine Frage blieb zunächst aus – wieder einmal lag es an der Sprache – und ich sortierte eifrig weiter, nicht etwa, weil mir das Sortieren so viel Spaß machte, sondern aus Angst davor, dass mir bei Nichtbeachten dieser Instruktion eine Strafe blühen würde.
Die Tage vergingen, und mein Deutsch wurde immer besser. Mit dem Umzug in mein eigenes Zuhause fand ich schließlich auch heraus, woran das Missverständnis um die Mülltrennung gelegen hatte: an einem Versäumnis der Hausverwaltung, die nämlich vor der Unterkunft eigentlich tatsächlich mehrere Tonnen in verschiedenen Farben hätte aufstellen müssen. Die Sache ergab umso mehr Sinn, als ich den Müllsammelplatz in der Nähe meines Zuhauses entdeckte, auf dem diesmal wirklich allerlei Mülltonnen in verschiedenen Farben und Größen standen.
Was mir besonders gefällt, ist das Pfandflaschensystem. Dank diesem System landen weitaus weniger Plastikflaschen im Hausmüll. Für mich ist das Sortieren des Mülls inzwischen zu einer täglichen Routine geworden und ich finde es auch gar nicht mehr so kompliziert wie am Anfang. In meinem Kopf hat sich dieser Beitrag zum Umweltschutz fest verankert, und so gehören auch Gedanken wie „Es ist ja bloß eine Plastikflasche“ der Vergangenheit an. Auf unserem Planeten leben fast acht Milliarden Menschen. Wenn jeder von diesen acht Milliarden Menschen jeden Tag eine Plastikflasche wegwirft, ist die Umwelt bald am Ende.
In letzter Zeit ist das Thema „Müll“ sehr stark ins öffentliche Bewusstsein gelangt, Bilder von Plastikmüll im Meer sind überall in den sozialen Medien präsent, und viele Menschen machen sich Gedanken, wie sie Müll vermeiden und richtig entsorgen können. Ich hoffe, dass das Umweltbewusstsein angesichts des sichtbaren Klimawandels zunehmen und auch ein Einfluss auf das Konsumverhalten haben wird.
Auch mein Kauf- und Konsumverhalten sieht inzwischen anders aus. Zum Beispiel bin ich auf Stoff- und Papiertüten umgestiegen und vermeide so gut es geht den Kauf von Plastikartikeln. Außerdem achte ich darauf, in angemessenen Mengen zu kochen, damit später so wenig Essen wie möglich im Abfall landet.
Umweltfreundliches Handeln hat heute einen wichtigen Stellenwert in meinem Leben. Denn mir ist klar geworden, dass die Dinge, die vielleicht wie eine Lappalie wirken, in Summe betrachtet einen negativen Einfluss auf die Umwelt haben. Die Natur hat schon genug zu leiden, noch mehr Ignoranz erträgt sie nicht.
Aus dem Arabischen übertragen von Melanie Rebasso.
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