KINDERSEITE: Musik macht glücklich

Foto: Juliane Metz
Der Verein MitMachMusik eröffnet geflüchteten Kindern die Welt der Musik

Es ist Dienstagnachmittag, Viertel vor vier. Vor der Eingangstür des Kinderraums in der Gemeinschaftsunterkunft Finckensteinallee stehen einige kleine Jungen und Mädchen. Sie warten auf Taki, Bettina und Alexandra Ola vom Verein MitMachMusik und auf Christiane, die den Unterricht ehrenamtlich unterstützt. Christiane macht eine Runde mit einer Glocke über das Gelände, und viele weitere Kinder kommen freudig strahlend aus den Häusern und folgen ihr fröhlich hüpfend zum Kinderraum. Alle helfen voller Feuereifer, die Stühle aufzustellen, und und dann gehts los: mitreißendes rhythmisches Fußstampfen, Klatschen und Singen sind aus dem Raum zu hören. Um fünf Uhr geht es weiter für die Größeren ab acht Jahren: der Flötenunterricht steht an. Mit verschiedenen Übungen werden Noten und Rhythmus gelernt, selbst ausgedachte Melodien werden auf die Tafel geschrieben und von allen gemeinsam gespielt.

Beim Musikkreis sind allwöchentlich fröhliches Singen, Klatschen und Stampfen zu hören. Foto: Juliane Metz

Die Kinder üben, aufeinander zu hören und sich zu konzentrieren. Eine eigene Flöte bekommen nur diejenigen, die regelmäßig zum Unterricht kommen, denn Disziplin ist wichtig, wenn man zusammen musizieren und später ein „großes“ Instrument spielen möchte.

Nach und nach lernen die Kinder alle Orchesterinstrumente kennen. Fast jede Woche kommen Musiker*innen mit einem anderen Orchesterinstrument, das sie anhören und selbst ausprobieren dürfen. Drei Mädchen aus der Unterkunft lernen seit einigen Wochen Geige und Cello und haben Einzelunterricht. Heute üben die drei in einem Nebenraum ein Stück, das sie einige Tage später bei ihrem ersten Auftritt in der Akademie der Künste am Pariser Platz vorspielen werden. Ein aufregender Tag: Alle MitMachMusik-Ensembles aus Berlin zeigen stolz was sie bisher gelernt haben, sowohl die Kinder, die noch am Anfang sind, als auch die Fortgeschrittenen.

“Noten lernen fällt mir leicht”

Stolz und glücklich trägt Zinda nach dem Unterricht am Dienstagabend ihr Cello nach Hause. Foto: Juliane Metz

kulturTÜR sprach mit Zinda, die bei Mitmachmusik in der Gemeinschaftsunterkunft Finckensteinallee seit einigen Wochen Cello lernt.

KT: WARUM MACHST DU BEI MITMACHMUSIK MIT?

Ich wollte schon ganz lange ein Instrument lernen. Bei Mitmachmusik konnte ich Flöte lernen und mir dann ein anderes Instrument aussuchen, und da ich unbedingt eins lernen wollte, war ich von Anfang an dabei, und es hat mir von Anfang an viel Spaß gemacht!

KT: WIE HAST DU DIE NOTEN GELERNT?

Ich bin in der fünften Klasse, darum konnte ich die Noten schon. Flöte zu lernen war für mich echt einfach. Ich war die Schnellste aus der Gruppe, die die Noten gelernt hat. Die Lieder, die wir spielen, kann ich auch immer schnell auswendig Ich kann mir Noten leicht merken. Beim Cello sind die Noten anders, da spielt man im Bass-Schlüssel, aber damit komme ich gut zurecht.

KT: WARUM HAST DU DIR DAS CELLO AUSGESUCHT?

Ich wollte gerne ein tieferes Instrument lernen. Ich habe viele Instrumente ausprobiert. Eigentlich würde ich am liebsten ein Streichund ein Blasinstrument spielen. Die Entscheidung zwischen Fagott und Cello war schwer, das war die bisher schwierigste Entscheidung, die ich treffen musste! Jetzt spiele ich erstmal Cello.

KT: VIELLEICHT KANNST DU JA IRGENDWANN NOCH EIN ANDERES INSTRUMENT LERNEN. MÖCHTEST DU DENN SPÄTER GERNE MAL IN EINEM ORCHESTER SPIELEN?

Ich bin mir noch nicht sicher! Es gibt einfach sehr viele Sachen, die ich gerne machen würde. Ich finde so vieles spannend in der Schule, Wissenschaft, Mathematik, den Beruf als Lehrer. Ich mag auch viele Sachen, die man in der Freizeit machen kann. Ich möchte einfach gern etwas machen, was ich gut kann und woran ich Spaß habe.

Zinda hat mehrere Instrumente ausprobiert. Schließlich fiel ihre Wahl auf das Cello, das ihr mit jeder Unterrichtsstunde vertrauter wird. Foto: Juliane Metz

KT: DEINE SCHWESTER LERNT GEIGE. SPIELT IHR AUCH MAL ZUSAMMEN?

Ja, sie geht auch immer zum Unterricht, es macht ihr genausoviel Spaß wie mir. Wir spielen auch gerne zusammen.

KT: MUSST DU VIEL ÜBEN?

Bisher nicht soviel. Ich hab ein Leihcello, das ich mit nach Hause nehmen darf. Meist übe ich einmal in der Woche, mehr brauche ich im Moment noch nicht. Vielleicht später, wenn es schwieriger wird.

KT: WIE FINDEN DEINE FREUNDE UND MITSCHÜLER*INNEN, DASS DU CELLO SPIELST?

Die finden das gut! In meiner Klasse spielen viele Kinder ein Instrument, eine spielt Klarinette, mehrere spielen Klavier, das ist ganz normal.

KT: AM NÄCHSTEN SONNTAG HABT IHR EUREN ERSTEN AUFTRITT IN DER AKADEMIE DER KÜNSTE AM PARISER PLATZ DAS IST SICHER AUFREGEND?

Ja, dafür haben wir heute geübt! Am Sonntag haben wir dort noch eine Generalprobe, und dann hören wir den anderen Gruppen zu, wir sind ja in der dritten Stufe, es gibt noch die vierte Stufe mit den Kindern, die ihre Instrumente gut können und die schon im Orchester spielen. Ich freu mich schon sehr da drauf!


„MitMachMusik ein Weg zur Integration von Flüchtlingskindern e.V.“

Der Verein „MitMachMusik ein Weg zur Integration von Flüchtlingskindern e.V.“ wurde im April 2016 gegründet. Sein Ziel ist es, geflüchteten Kindern und Jugendlichen einen Zugang zum Musizieren mit und ohne Instrumente zu ermöglichen und die Möglichkeit, sich selbst auszudrücken: Musik gibt Halt und Geborgenheit, tut der Seele gut und hilft dabei, in die neue Gesellschaft hineinzufinden den Kindern, aber auch ihren Eltern. Die Teams von Mitmachmusik sind inzwischen in acht Gemeinschaftsunterkünften aktiv. Seit dem Start 2016 haben schon mehr als 300 Kinder und Jugendliche teilgenommen. Seit dem Frühjahr 2018 wird auch gemeinsam mit einheimischen Kindern und Jugendlichen aus der Nachbarschaft der Unterkünfte musiziert. Finanziert wird der Verein durch Spenden und Musikpatenschaften.

www.mit-mach-musik.de

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