Wasserknappheit im Westsudan
Hava kommt aus einem Dorf in Ost-Darfur. Aufgrund der dort herrschenden bewaffneten Konflikte wanderte sie mit ihren Kindern vor einiger Zeit nach Süd-Darfur ab, wo sie zehn Jahre lang mit vielen anderen Familien in einem Slum lebte. Als sie 2017 wieder in ihr Heimatdorf zurückkehrten, stellten sie fest, dass die Wasserquellen dort inzwischen vollkommen versiegt waren. Die nächstgelegene Trinkwasserquelle ist etwa 3 Stunden zu Fuß entfernt.
So bleibt Hava und den anderen Dorfbewohnern nichts anderes übrig, als jeden Tag samt Kindern, Vieh und Eseln mehrere Stunden zum Wasserholen dorthin zu laufen. Die Kinder mussten deshalb die Schule abbrechen und leiden unter starker Erschöpfung, Hava unter Schmerzen in ihren Beinen. Und das gesammelte Wasser reicht nicht einmal aus, um ihre Kleidung und sich selbst zu waschen – ein Umstand, der sich natürlich auch auf ihre Gesundheit auswirkt.
Im besagten Dorf leben mehr als 7.000 Menschen als nomadische Hirten in Zelten. Zum Überleben sind sie von ihren Kamelen, Rindern und Ziegen abhängig. Die Wassernot und ihr nomadischer Lebensstil bringen sie häufig in Lebensgefahr – viele von ihnen kommen bei Auseinandersetzungen und Konflikten um Wasser ums Leben.
Die Region Darfur ist mit einer Fläche von mehr als 500.000 Quadratkilometern eines der wichtigsten Gebiete im Sudan. Die Wüstenregion ist verschiedenen klimatischen Einflüssen ausgesetzt; einer der bedeutsamsten ist die Dürre. Noch dazu herrscht dort starkes Bevölkerungswachstum und seit mittlerweile mehr als 20 Jahren auch ein schwieriger bewaffneter Konflikt ums Wasser – und das, obwohl es in der Region drei große Seen, drei Süßwasserreservoirs, einen Salzsee in Nord-Darfur, Wasserfälle am Dschabal Marra und mehrere Brunnen gibt. Der Zugang zu Wasser wäre also eigentlich kein Problem – und doch ist es eins. Erstens weil die Einwohner dieser Region nomadische Hirten sind, die von einem Gebiet zum nächsten ziehen und zum Überleben ihre Rinder, Kamele und Ziegen brauchen. Manchmal trinken sie auf ihren Wanderungen mit dem Vieh aus derselben Wasserquelle, was bisweilen zum Ausbruch von gefährlichen Krankheiten führt. Der zweite Grund sind Kriege und bewaffnete Konflikte im West-Sudan. Weitere Ursachen für die unzureichende Wasserversorgung sind der Klimawandel, versiegte Brunnen, starke Hitzewellen, die Desertifikation der Region, der fehlende Regen und die Abholzung der Bäume für Brennholz. Schließlich sind auch noch die nicht nachhaltige Nutzung der Wasserressourcen, fehlende Perspektiven, Plan- und Strategielosigkeit sowie das Unvermögen der Entscheidungsträger und die Nichtdurchsetzung von Gesetzen verantwortlich für die Wassernot in der Region. Das vor 70 Jahren in Nord-Darfur errichtete Golo-Reservoir ist ein gutes Beispiel dafür: Dieser Wasserspeicher ist heute voller Schlamm und Schlick, weil er seit seiner Errichtung erst zweimal gewartet wurde. Sein Speichervermögen beträgt eigentlich 4 Millionen Kubikmeter, momentan fasst er jedoch aufgrund des Ausmaßes seiner Verschlammung nur noch 1,5 Millionen Kubikmeter Wasser. Würde dieses Wasserreservoir wieder einmal gewartet, wäre das Wasserversorgungsproblem in diesem Gebiet zum größten Teil gelöst.
Immerhin aber ist es mit Unterstützung der Unicef und ihrem lokalen Wasserprojekt in den letzten Jahren teilweise gelungen, das Wasserproblem in zumindest einigen Gebieten in den Griff zu bekommen. Im Zuge dieses Projekts wurden Brunnen mit Pumpen und Rohrleitungen ausgerüstet, mit denen das Wasser aus den Brunnen gefördert werden kann. Dadurch ist für die örtliche Bevölkerung Wasser aus nahegelegenen Quellen nun leichter zugänglich.
Im West-Sudan jedoch leiden nach wie vor noch viele Menschen unter mangelhafter oder nicht vorhandener Trinkwasserversorgung. Es bleibt zu hoffen, dass bald eine Lösung für diese Misere gefunden wird.
Ins Deutsche übertragen von Melanie Rebasso.
Dieser Beitrag ist auch verfügbar auf: العربية (Arabisch)